DSL-Drosselungen
Was haben wir zu erwarten?
YouTube startet mit 4K-Videos, VoD-Dienste sind auf dem Vormarsch und sowohl Spiele als auch Filme wachsen durch den technischen Fortschritt stark an.
Daten werden in die Cloud ausgelagert, ja sogar Betriebssysteme basieren auf der Internetverbindung.
Steigende Möglichkeiten
Gerade in deutschen Landen hinkte die Internetgeschwindigkeit den - gerade aus den USA kommenden - Möglichkeiten hinterher. Nun setzt sich so langsam das Breitbandinternet durch und schon startet eine "Bewegung", die sich typisch deutsch anfühlt. Man möchte eben diese eben gewonnene Leistung gleich wieder begrenzen. Angeblich, um das ganze "gerechter" zu gestalten. Klar, wer mehr nutzt soll auch mehr zahlen. Hört sich ja eigentlich logisch an.
Doch was steckt hinter diesem - plötzlichen - Einfall? Die Kosten, die dem Provider für eine gestiegene Menge von Daten anfallen, sind auf jeden Fall nicht so groß, wie man uns verkaufen möchte. Auch sollte man meinen, dass in Anschlüssen mit mehr Kapazität auch schon mit eingerechnet ist, dass damit potentiell mehr Datenverkehr anfällt.
Und davon abgesehen: Nur durch Angebote, die großen Traffic generieren, werden Anschlüsse mit hoher Kapazität verkauft. Denn für ein 240p-Video auf YouTube und 1,5 Megapixel-Fotos braucht man keine 150 Mbit/s.
Es besteht also eigentlich kein Grund, plötzlich den Durchsatz beschränken zu wollen, vor allem nicht so drastisch, wie jetzt von der Telekom geplant. Na gut - einen Grund gibt es natürlich immer: Gewinnmaximierung. Meiner Ansicht nach auch ein komplett legitimer Grund, nur hinkt die Pseudo-Erläuterung extrem. Und eine bewusste Drosselung hat auch tiefgreifendere Probleme als nur langsameres Internet.
Netzneutralität als Opfer
Natürlich ist es ärgerlich, wenn die DSL-Leitung gedrosselt wird. Allerdings erzeugt das auch andere Probleme. Denn erklärtes Ziel der Provider ist eigentlich nicht, mehr Geld vom Kunden zu verlangen - sondern vom Content-Anbieter. So wie die Telekom von YouTube. Denn das Videoportal ist - angeblich - für eine große Menge des Traffics verantwortlich. Fraglich ist auch hier wieder, wo der Sinn besteht, den zur Kasse zu bitten, der die eigene Leistung überhaupt erforderlich macht.
In Frankreich zumindest hat Google - angeblich - ein Abkommen mit einem Provider für seine Dienste geschlossen. Sie werden also ungedrosselt weitergeleitet. Eine Drosselung von Google Diensten erinnert viele sicherlich an die "Schwierigkeiten", die die Telekom mit der Bereitstellung von YouTube-Videos hatte.
Wie auch immer, der Content-Anbieter zahlt also dafür, dass seine Dienste ohne Einschränkung für den Nutzer verfügbar sind. Was heißt das aber für Dienste, die nicht über die finanziellen Reserven eines Google Konzerns verfügen? Diese werden sich damit zufrieden geben müssen, Anbieter zweiter Klasse zu sein - und damit im Zweifelsfall seltener besucht zu werden. Denn wer wartet schon gerne auf Webseiten.
Das ist das, was allgemein als Einschränkung der Netzneutralität eingestuft wird. Denn hier würde zwischen einem Dienst, der zahlt, und einem, der es eben nicht tut, in der Erreichbarkeit unterschieden.
Einen kleinen Vorgeschmack auf eine derartige Einschränkung erhalten wir schon jetzt mit YouTube. Nicht nur, dass man von jedem im Ausland ausgelacht wird - man "verpasst" auch viel des digitalen Lebens - mehr als 600 der 1000 beliebtesten YouTube-Videos sind in Deutschland nicht erreichbar. Hier liegen die Gründe allerdings in einer - auch typisch deutschen - Auseinandersetzung zwischen Verwerter und Content-Anbieter. Das Ergebnis ist allerdings vergleichbar.
Verlust der Vielfalt
Neben der Neutralität geht natürlich auch die Vielfalt des Internets ,zumindest in Deutschland, verloren. Denn wer sich den Premiumstatus nicht leisten kann, wird weniger Nutzer auf seine Seite ziehen können. Dadurch weniger Werbung etc. und damit im Endeffekt zu wenig Geld und Kundeninteresse, um den Dienst weiter zu betreiben. Im Extremfall führt das also zu einer starken Einschränkung des heute gewohnten Angebots.
Verzerrung des Wettbewerbs
Aber nicht alle Anbieter werden natürlich zur Kasse gebeten. Und auch nicht jedes Internetangebot zählt in das Inklusive-Volumen der Kunden. So fallen provider-eigene Dienste (bei der Telekom zB. Entertain) nicht in den "verbrauchten Traffic" mit ein. Das ergibt für den Kunden den Vorteil, Musikstreaming, Video-on-Demand etc. ohne Einschränkungen genießen zu können. Allerdings beschränkt das natürlich die Möglichkeiten, da Konkurrenzangebote natürlich nicht in diesen Luxus kommen.
Was bleibt also?
Natürlich sind die meisten Folgen, die ich hier anspreche, eher zukünftige. Dennoch sind sie keineswegs unrealistisch oder absurd. Denn sollten die Pläne wirklich umgesetzt werden, ist eine negative Entwicklung für den Kunden nur eine Frage der Zeit.
Wer also mit der Zeit gehen wollte - also Musik, Spiele und Filme online beziehen und das in einer höchstmöglichen Qualität - wird entweder sich sehr zurückhalten müssen oder deutlich mehr zahlen. Auch wird es dann wohl noch länger dauern, bis sich etwas in Deutschland durchsetzt. Ganz einfach, weil die Kundschaft, die bereit wäre, traffic-intensive Dienstleistungen zu nutzen, stark abnehmen würde.
Welches Resultat man auch nimmt - jedes geht zu Lasten der Kunden. Bleibt nur zu hoffen, dass man zu Vernunft kommt und von solchen Plänen absieht. Denn im Moment fehlt die allgemeine Sensibilität für ein solches Thema. Ginge es um Freibier und nur der erste Liter würde flüssig aus dem Hahn schießen und der Rest nur tröpfeln - München würde im Chaos versinken. Nur beim Internet scheint eine Flatrate eben nicht unbegrenzt zu bedeuten...