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Koalition: "Online-Durchsuchung kommt!"
Bereits ab Januar 2009 denkbar. Paranoid? Ansichtssache.

(Image)Das BKA-Gesetz zur Online-Durchsuchung kommt. Das ist jetzt beschlossene Sache. Stolz wie Oscar ist sie, die große Koalition. Oder soll ich eher sagen: "Stolz wie Wolfgang"? Doch was heißt das jetzt eigentlich für uns? Und warum schafft man es, die Privatsphäre zu kastrieren, wenn man nicht einmal die Steuern senken kann?
Viele Fragen, wenig Antworten. Ein bekannter deutscher Kabarettist (Volker Pispers) sagte ein Mal: "Ein Volk, das sich alkoholfreies Bier aufschwatzen lässt, das greift auch zu einer kompetenzfreien Regierung". Man mag gar nicht so recht darüber lachen, sind es doch die Wahrheiten, die diesen Satz so "lustig" machen.

Aber der Reihe nach. Zuletzt stand das umstrittene BKA-Gesetz zur Online-Durchsuchung privater Rechner im Raum. Zurecht liefen viele Politiker kleinerer Parteien Sturm gegen das Gesetz, welches dem Bundeskriminalamt (BKA) die Kompetenz zusprechen sollte, im konkreten Terrorverdacht private Rechner ohne die Genehmigung eines Richters zu durchsuchen. So weit in aller Kürze. Ich denke da wird sich jeder Interessierte bereits genau erkundigt haben.

Auch wenn sich zuletzt ein paar Bundesländer gegen diesen Gesetzesentschluss wehrten, wird mir doch etwas wenig über den eigentlichen Kern und Sinn dieser Installation einer Geheimpolizei, wie sie in Deutschland zuletzt in der DDR existierte, diskutiert. Denn das Gesetz verstößt de facto explizit gegen zwei wichtige und notwendige Aspekte der Privatsphäre: Dem Schutz personenbezogener Daten (Datenschutz) und dem Post- und Fernmeldegeheimnis (Telefon, E-Mail, ...).

Dies möchte ich gerne begründen. Immer wieder klingt in dem Gesetzesentwurf der Satz "ohne Mitwissen des Betroffenen" an. Dies signalisiert unmittelbar, dass hier ein absoluter Widerspruch zum Grundgesetz vorliegt, sobald sich dieses nicht vorhandene Mitwissen auf Online-Durchsuchung, Telefonüberwachung, o.ä. bezieht. Alles unter dem Deckmantel des Terrorismus.
So darf in Zukunft das BKA, wenn aus ihrer Sicht Gefahr im Verzug ist, den Computer eines Verdächtigten durchsuchen, seine Telefonverbindung abhören, personenbezogene Daten von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen beziehen (Stichwort: "Rasterfahndung"), Personen abhören und Bildmaterial machen und sogar heimlich die Wohnung durchsuchen. Immerhin erst nach richterlicher Genehmigung.

Ist es uns das wert?

Wie groß ist die Gefahr eines Terrorangriffs? Ich höre wirklich täglich in den Nachrichten, dass wieder etliche Leute Opfer eines Terrorangriffs in Deutschland geworden sind. Ständig werden wahllos deutsche Städte angegriffen und man fürchtet sich schon, in den Bus einzusteigen. Personen mit Turban und Vollbart werden direkt denunziert, Moscheen sollten grundsätzlich abgerissen werden und Ausländer im Allgemeinen sind hier nur zu Gast.
Mal ehrlich: Ist die Gefahr eines normalen Autounfalls nicht um ein vielfaches höher, als durch einen Terrorangriff ums Leben zu kommen? Sollte man nicht besser der Autoindustrie das Recht geben, mit richterlichem Beschluss die Fahrgewohnheiten und Unfallursachen der Deutschen heimlich nachzuforschen?

Ich finde eine etwaige Diskussion eines solchen Gesetzes abstrus - sogar pervers. Jahrelang sind Datenschützer Sturm gegen solche Ideen gelaufen. Soll das alles umsonst gewesen sein? Anscheinend ist es in dieser Generation hipp, einen Datenstriptease zu exzerzieren. Wenn vor ein paar Jahren jemand an deine Tür geklopft hätte und dich nach Namen, Geburtsort, Familienstand, etc. gefragt hätte, wäre dieser jene hochkantig rausgeflogen, so dass sein neues Zuhause die Intensivstation war.
Wenn du selbes Spiel heute machst, wirst du in die Wohnung gebeten, kriegst einen Kaffee angeboten und die persönlichen Daten vom Nachbarn direkt mitgeliefert.

Ich sah letztens einen Bericht im Fernsehen, wo in China der Sohn eines älteren Ehepaares des Mordverdachts wegen hingerichtet wurde. Man hatte einen Schuldigen, es gab ein paar Indizien, die gegen ihn sprachen und so musste man ja nicht lange fackeln: Bestrafung durch Exekution.
Das man allerdings ein paar Monate/Jahre später (ich weiß es nicht mehr genau) den wahren Mörder dingfest machte, interessierte keinen mehr. Außer die Familie mit dem verlorenen Sohn. Den kann ihnen niemand mehr ersetzen.

Ich bringe dieses Szenario deshalb ein, weil jeder über China empört ist. Es ist angesagt, über dieses Land herzuziehen und Tibet toll zu finden. Trendy eben.
Aber sollte man nicht zu aller erst vor der eigenen Haustür kehren? Jemand, der unter Terrorverdacht steht, wird ausspioniert, abgehört und durchsucht. Meinetwegen mit richterlichem Beschluss und konkretem Verdacht. Man hat nun nach ausführlichem Durchsuchen erkannt, dass der Verdacht vollkommen unbegründet war. Wer gibt dieser Person jetzt die Privatsphäre zurück? Er wurde bis aufs Letzte ausspioniert. Und wofür? Schäuble würde jetzt sagen: "Für die Sicherheit von 83 Millionen Menschen". Mag sein. Aber heißt es nicht im Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar"?

Was bildet sich der Staat ein, sich das Recht anzumaßen, die Gedanken fremder Menschen zu durchforsten? Jeder Mensch sollte denken können, was er will. Jeder Mensch hatte schon einmal böse Gedanken. Ist er deshalb gleich ein Terrorist?

Vielleicht hatte John Emontspool Recht, als er sagte: "Privatsphäre ist wie Sauerstoff - man schätzt sie erst, wenn sie fehlt".

via http://www.tagesschau.de/inland/bkagesetz164.html

ZeDeRom
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ZeDeRom
3. Dez. 2008, 16:08 Uhr
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