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Man sieht sich immer zweimal im Leben

Ein Hoch auf die Vor-Oscar-Zeit, da tatsächlich jedes Jahr qualitative Screener ihren Weg in die Weiten des Internets finden. Nun also auch unverhofft "The Revenant".

Bereits der erste Trailer hatte mich ganz schön angefixt. Birdman-Regisseur Iñárritu, Starbesetzung DiCaprio, Hardy und Gleeson, dazu Kameramann Lubezki. Das versprach fulminant zu werden. Und ums gleich abzukürzen, der Film ist atemberaubend. Beginnen möchte ich daher mit dem Positiven: die Atmosphäre. Ich habe selten einen solch realistische, kompromisslose Darstellung von Mensch und Natur in einem Spielfilm gesehen. Als Zuschauer ist man permanent mitten drin, man leidet oftmals mit. Der Film ist schön, dreckig und brutal zugleich. Die überragende (!) Kameraführung geht immer an die Schmerzgrenze. Man kann sich danach gut vorstellen, dass die Besiedlung der USA um 1800irgendwas, der tägliche Kampf ums Überleben, eine hässliche Angelegenheit war.

Es ist ein permanentes Mann gegen Mann, der Film gibt dabei den wortkargen Protagonisten viel Raum sich zu entfalten. Die stimmige, da konsequente Art des "storytelling" finde ich klasse. In der Geschichte steht vor allem DiCaprio und sein bitterer Überlebenskampf im Vordergrund. Das Erzähltempo ist insgesamt betrachtet ruhig, wobei einzelne Szenen wahnsinnig schnell umschlagen können. Buchstäblich hinter jedem Baum wartet eine neue Gefahr. Ich meine gelesen zu haben, dass der Film allein mit Tageslicht und allgemein unter sehr schwierigen Bedingungen abgedreht wurde. Das sieht man ihm in jeder Szene an. Das Setting in der Wildnis ist perfekt mit der Handlung verknüpft. Der Soundtrack treibt wahlweise die Spannung bzw. Action voran oder untermalt die Schönheit der Natur. Die schauspielerischen Leistungen sind wie zu erwarten allesamt sehr gut.

Was bleibt einem der Film schuldig? Es ist zwar spannend DiCaprio die Kameralinse vollröcheln zu sehen. Es fehlt nur, wenn man es denn so hart auslegen will, eine komplexere Geschichte. Man könnte in einer Rezenion kaum spoilern, da mit dem Trailer eigentlich alles erzählt wurde: Mann tötet Sohn von anderem Mann, der fälschlicherweise im Wald "beerdigt" wird, doch überlebt und schließlich nach Rache sinnt. Natürlich passiert mehr als das und man muss auch sagen, dass in diesem Film vor allem das wie im Vordergrund steht. Trotzdem ist die Geschichte arg simpel. Einigermaßen negativ sind mir auch die immer wiederkehrenden Traumsequenzen DiCarpios aufgefallen. Darin denkt er etwa an seine verstorbene Frau.

Fazit: Zweieinhalbstündiger Überlebenskampf, atmosphärisch einzigartiger Film, sehr sehenswert! (8/10)
4 mal bearbeitet, zuletzt 24. Dez. 2015, 02:32 Uhr